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Laudatio anlässlich der Verleihung des Verdienstkreuzes
an Hanns Eckelkamp am 22. April 2005
gehalten von Professor Klaus Keil

 

Hr. Professor Kei
Lieber Hanns Eckelkamp,
sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich und bin geehrt, Ihnen heute anlässlich dieser feierlichen Gelegenheit, ein paar Worte zu einem besonderen Produzenten, Hanns Eckelkamp, sagen zu können. Denn ich bin dieser Sorte Produzent nicht allzu oft begegnet in meinem wahrlich nicht kurzem Berufsleben – ein Produzent ...
der gebildet ist und weiß wovon er spricht,
der Einsicht und Übersicht behält,
der sich nicht vordrängt aber immer da ist,
der in schwierigen Situationen nicht die Produktion verlässt, sondern auf den man sich verlassen kann,
der Kassenerfolge nicht mit Kunst verwechselt
und der Visionen hat – statt der schnellen Mark im Blick.
Ein Produzent, dem hektische Betriebsamkeit fremd ist und der mit weiser Gelassenheit Produktionen steuert, ohne seinem kreativen Team den Freiraum zu nehmen, sich in ihrer eigenen Sprache auszudrücken.
Eben ein besonderer Produzent.
Ja, lieber Hanns Eckelkamp, früh schon habe ich Sie verehrt, denn früh schon sind Sie auffällig geworden. 1962 – als junger Spund: „Ich war 19“ – hörte ich – der kleine Kopierwerkspraktikant – zum ersten Mal von Ihnen: Ein Rumor ging durch die Münchener Community der Jungfilmer: Da gibt es doch so einen Kinobesitzer in ... Wo? – in Münster, Duisburg, tiefste Filmprovinz!! – der jetzt einen Verleih macht, was macht der ...? Der steckt noch Geld in deutsche Filme ... Nix wie hin!
Das Brot der frühen Jahre war Ihr erster Film, 1962, den Sie produzierten, zusammen mit Hans Jürgen Pohland. Klar, dass Sie Ihr Geld nicht in irgendeinen Film steckten. Das Brot der frühen Jahre war DER Film damals, hip, cool, high potential, wie man es heute sagen würde. Nach einem Roman von Heinrich Böll, Kamera, der bildgewaltige Wolf Wirth, mit der ganz jungen Vera Tschechowa und ebenso Christian Doermer. Talk of the Town: Die sehr hohen künstlerischen Ansprüche und Erwartungen und – der anschließende Absturz.
Es stürmte immer um Hanns Eckelkamp, es war immer dramatisch, obgleich er äußerlich stets ruhig und gelassen war. Er war der erste Filmmensch, den ich kennen lernte, der sagte: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Das hat mich sehr beeindruckt. Sie waren ein Verrückter, ein Filmverrückter, der Gleichgesinnte um sich gesammelt hat: Die Schamoni Brothers (Uli und Peter), Klaus Lemke, Peter Bringmann und – klar – Rainer Werner Fassbinder. Dem vormaligen Geschäftsführer vom Filmverlag der Autoren und Partner, Michael Fengler, gaben Sie 100.000,00 (!!) DM mit den Worten: „Sorg dafür, dass der Fassbinder mal einen großen Film macht, der muss mal raus aus dieser [ – für Eckelkamp – ] Enge seiner kleinen Geschichten.“ Hanns Eckelkamp stürmte mal wieder: Immensee mit Romy Schneider von Rainer Werner Fassbinder sollte es werden oder Rosa Luxemburg auch von Rainer Werner Fassbinder diesmal mit Jane Fonda ...
Sie, lieber Herr Eckelkamp, waren schon immer auffällig, anders, andersartig als der Rest. Vielleicht wurden Sie auch deswegen so verehrt, geehrt, vielleicht hat sich auch deswegen fast der komplette Neue Deutsche Film bei Ihnen so gut aufgehoben gefühlt, nach all den Querelen mit den Alt-Produzenten von Opas Kino. Sie hatten ein Faible für den Jungen Deutschen Film, förderten und verliehen ihn, z.B. Urlich Schamonis Es (1966), Peter Schamonis Schonzeit für Füchse (1966), Johannes Schaafs Tätowierungen (1967) oder Eine Ehe (1969) von Hans Rolf Strobel.

Hanns Eckelkamp sagt über seine Produzententätigkeit, dass er diese nie als „Arbeit“ empfand, eher als Ausleben von Fähigkeiten, nämlich Talente zu fördern mit Projekten, Verbindungen, Geld. So ging es auch mit Rainer Werner Fassbinder: Die Ehe der Maria Braun, die er – wie Die Sehnsucht der Veronika Voss – co-finanzierte und zum ersten Mal in Deutschland durch einen amerikanischen Großverleih herausbringen ließ. Mit einer großen Galapremiere auf der Berlinale, begleitet von einem Stern-Roman von Zwerenz und einer PR-Reise – wurde dieser Film ein Großerfolg. Herzog überzeugte er von Nosferatu, Alexander Kluge aber traute sich nicht an Mabuse. Für Fassbinder produzierte er Satansbraten, erwarb für ihn die Rechte an Berlin Alexanderplatz. Später stieg er aus. Überhaupt Rainer Werner Fassbinder: Mit ihm verband ihn eine Hassliebe. Immer wieder versuchten sie es zusammen: Rainer rief ihn ein einziges Mal an in all den Jahren und bot ihm vier Projekte an. Hanns Eckelkamp mit dem sicheren Griff des Produzenten wählte Professor Unrath. Daraus wurde Lola. Horst Wendtlandt übernahm die Durchführung. Dann das letzte Projekt Rosa Luxemburg. Er ließ ihm die Biographie auf den Nachttisch legen. Am Morgen ließ Rainer anrufen: „Toll, ja, ein Kinofilm, SEIN Kinofilm.“ Hanns Eckelkamp ließ Märtesheimer das Drehbuch schreiben. Ein gutes Drehbuch. Rainer Werner Fassbinder starb im Sommer 1982 mit diesem Drehbuch im Arm.

SCHNITT:
1984 – ein wilder Dreh, spacige Motive wie man heute sagen würde – in einem Braunkohletagebau. Neu für die damalige Zeit. Anders. Natürlich Auto-Verfolgungsjagden (was denn sonst, da gibt es riesige Staubfahnen und es sieht gefährlich aus).
Jürgen Prochnow, war Der Bulle – und das Mädchen musste natürlich frühmorgens an der Donau bei Wien, kalt, sehr kalt – ins Wasser ... Geschichten, die in jedem Film passieren, aber es war der zweite Film des jungen, ehrgeizigen Regisseurs Peter Keglevic und entsprechend anspruchsvoll war der Dreh.
Äußerst anspruchsvoll war auch der Produzent Hanns Eckelkamp. Obgleich vom Team „Der Unauffällige“ – weil sich wenig einmischend – genannt, war Hanns Eckelkamp auf seine Weise sehr präsent, wenn auch nicht immer physisch, so doch mental. Als der Produktionsleiter hatte ich ein paar Vorbesprechungen mit ihm bezüglich Drehplan, Kalkulation, Finanzierung, insbesondere Cash-Flow, nichts besonderes, ein paar Besuche am Set, ansonsten hat er uns machen lassen. Der kluge weise Fuchs wusste genau wie ehrgeizig sein junges Team war und ließ die Leine lang. Sprach, wenn er am Set war, über die Qualität, über die Muster, die er am Abend vorher gesehen hatte und war voller Begeisterung, wie toll der Film würde. So verstand er in dieser heißen Drehphase seine Aufgabe hauptsächlich im Motivieren, denn er war ja in Gedanken schon beim nächsten Projekt.
In seiner Emphase und mit unglaublicher Energie, die sich jedoch nie in blindem Aktionismus äußerte, schüttelte er Projekt um Projekt buchstäblich aus dem Ärmel.
Er war (und ist) eindrucksvoll, er kam einem nahe beim Debattieren und „Hinstürmen“ – auch physisch nahe. Er beugte einem Kopf und Oberkörper entgegen, sprach nicht sonderlich laut, aber eindringlich. In einer schönen häufig fast literarischen Sprache. Man musste ihm zuhören.
Er war (und ist) energetisch, ihn umgibt eine Aura von sprühenden, kleinen Sternchen bis zum heutigen Tag. Er kommt angerauscht, er stürmt, man wird überschüttet mit Ideen, Gedanken, Sprache und noch im eigenen Nachsinnen ist er schon wieder weg. Weiter zum nächsten Projekt, zum nächsten Autor, zum nächsten Regisseur, Bänker, Co-Produzenten.
Im Moment schreibt Stefan Ruzowitzky ein Drehbuch für ihn, ein großes Science-Fiction-Drama. Ich vermute er plant die große Premiere im Odeon in London, am Leicester-Square. Und wir werden alle eingeladen!
Hanns Eckelkamp der Visionär, der Himmelsstürmer, ja, auch der Träumer, das ist er bis heute geblieben. Gott sei Dank. Und er braust weiter. Und dafür wünschen wir ihm, dass er noch recht lange genügend Wind unter seinen Flügeln hat ...
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Laudatio von
Professor Klaus Keil
Laudatio von Staatssekretärin Barbara Kisseler
 
Laudatio von
Angela Haardt
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