Home Hanns Eckelkamp Filmproduktion
www.hanns-eckelkamp-filmproduktion.de ::| Atlas und Fassbinder    
Begruessung
Aktuelle Projekte
Biographie
Laudationen
Atlas und Fassbinder
Chronik
Ausstellungen & Publikationen
Filme
Filmverleih
Filmographie
Kontakt
Links
Impressum
Atlas und Fassbinder

Rainer Werner Fassbinder und Atlas 1976 - 1982

Eine Liebe im Zwiespalt

 
Fassbinder
Der Brief von Harry Baer an seinen "Paten" Rainer Werner Fassbinder, nach 25 Jahren, hat bei mir und anderen Erinnerungen wachgerufen, Erinnerungen so ambivalent, wie es meine Beziehung zu ihm war.

Als Filmunternehmer aus Duisburg mit eigenem großen Familienanhang hat mich Rainer Werner bitterlich gehasst, da ich nicht zu seinem Clan gehörte und auch nicht gehören wollte.

Trotzdem brauchte er mich, da ich Rechte an einigen großen Stoffen besaß, die ihn zur Verfilmung reizten.
Einige Monate vor seinem Tod hatte ich ihm die Briefe von Rosa Luxemburg auf denNachttisch legen lassen. Am nächsten Morgen rief er den Autor Peter Märtesheimer an und meinte: Bisher habe er geglaubt, der Sozialismus habe mit Willy Brandt angefangen ...
Die Figur der Rosa Luxemburg sei großartig, er würde ihr Leben verfilmen.

Peter Märtesheimer und Pea Fröhlich schrieben daraufhin in meinem Auftrag ein wunderbares Drehbuch, das auf seinem Bauch lag, als man ihn tot auffand.

Ich hatte Regina Ziegler als Partnerin gewonnen für die Produktion von "Rosa Luxemburg". In Cannes 1982 wurde die Nachricht von dem Projekt zur Sensation, jeder wusste: Fassbinder hat mit Jane Fonda telefoniert, sie hat für die Hauptrolle zugesagt!
Er verlangte ein Budget von 10 statt 5 Mio. DM und glaubte wohl, ich würde zurückzucken. Ich unterschrieb. Das war nicht der erste Wahnsinn in meinem Leben.

Das Projekt "Rosa Luxemburg" stand. Nur, bei dem Gesundheitszustand von Rainer Werner Fassbinder wäre er nicht versicherbar gewesen. Sein Tod während der Dreharbeiten hätte für alle Beteiligte in einer Katastrophe enden können.

Den ersten Film unter Fassbinders Regie produzierte ich zusammen mit Michael Fengler, "Satansbraten", 1976, vor allem aus steuerlichen Gründen, obwohl mich die verrückte Stefan-George-Geschichte, mit Volker Spengler als "Fliegenfänger", durchaus reizte, aber damit war ich schon mitten "drin" in dem Sog des Genies.
Ich lud R.W.F. ein, mit Michael Fengler nach Paris zu fahren und Romy Schneider die Hauptrolle anzubieten in einer Neuverfilmung von Theodor Storms "Immensee".
Joe Hembus schrieb schon das Drehbuch.
Zurück in München hieß es:
"Romy macht es. Wunderbar!"
Ich fragte: "Habt ihr ein Stückchen Papier mitgebracht, wo draufsteht: "Ich spiele für R.W.F.?"
"Aber, nein, die beiden haben sich bewundernd in die Augen geschaut, das reicht ..."
Drei Monate später war alles zu Ende, Romy hätte sich ihm nicht unterworfen. Sie gehörte nicht zu seinem "Clan".
Ich übernahm die Produktion "Die Ehe der Maria Braun" von Michael Fengler, Fassbinder hatte die Kosten auf mehr als zwei Millionen DM getrieben, statt der finanzierten 1.3 Mio.. Ich spürte, der Film könnte ein Welterfolg werden, holte ihn raus aus dem kleinen "Filmverlag der Autoren" und brachte ihn zum "Major" United Artists.
Seine Stand-Fotografen hatte Fassbinder während der Produktion verjagt.
Ich brachte zwei STERN - Fotografen mit Hanna Schygulla zu einem 2-Tage- Fotoshooting zusammen. Dabei, und nicht während des Films, entstand das berühmte Straps-Foto von ihr. Es wurde weltweit zum Markenzeichen für "Maria Braun". Ich gewann den Schriftsteller Gerhard Zwerenz für einen Roman zum Film, der rechtzeitig zur Premiere auf der Berlinale 1979 im STERN erschien.
Die Chancen auf einen möglichen "Oscar" schwanden, als eine deutsche Jury Geissendörfers Film "Die gläserne Zelle" zum "Oscar" anmeldete, nicht "Die Ehe der Maria Braun". Ich mietete in Hollywood für vier Monate ein Kino für "Maria Braun", der Erfolg und die Bewunderung waren groß, aber der "Oscar" war aus formalen Gründen nicht mehr möglich.
Nach "Maria Braun" boten Michael Fengler und ich Fassbinder ein Remake eines Richard-Oswald-Films aus den 20er Jahren an. Fassbinder erklärte: "Wenn ich einen Film neu drehe, dann nur "Alexanderplatz" von Piel Jutzi auf 1931". Ich war einverstanden und kaufte, nach harten Verhandlungen, die Rechte für einen Riesenpreis von den Erben Alfred Döblins. Der WDR war nicht glücklich über das Fassbinder-Projekt, ein Münchner Produzent hatte mit dem DDR-Regisseur Egon Günther die Neuverfilmung vorbereitet, dummerweise ohne die Rechte zu haben. Wir, Michael Fengler, Peter Berling und Harry Baer, begannen mit der Produktionsvorbereitung, mit einem Drehplan von 10m Länge und mehr. Aber Fassbinder schrieb und schrieb und schrieb, aus drei Fernsehfolgen wurden fünf dann sieben, später zwölf, das Projekt wurde zu groß für Michael Fengler und mich, wir verkauften es an die Bavaria.
Danach kam ich zu der Ehre, von Fassbinder persönlich angerufen zu werden. Er bot mir vier Projekte an, darunter die Neuverfilmung von "Professor Unrat" von Heinrich Mann. Ich besaß damals schon die Stoffrechte am "Blauen Engel". In dieser Zeit durfte ich auch einmal mit Fassbinder speisen, Luggi Waldleitner war am Vortag mit seinem Projekt "Lili Marleen" dran gewesen. Nach mir kam Horst Wendlandt. Es ging ihm um einen berühmten Roman ebenfalls aus den 20er Jahren.
Natürlich glaubte Hanna Schygulla, sie würde in der Neuverfilmung vom "Blauen Engel" die "Lola" spielen, aber R.W.F. fragte sie eines Tages, wer denn wohl seine Filme besetzen würde, und die Schygulla meinte: "Natürlich du, Rainer!"
Aber, er habe doch in der "Vogue" ein laszives Stripfoto von ihr gesehen und die Redakteure hätte etwas von "Lola" angedeutet, damit habe doch wohl sie über die Rolle entschieden ...
"Also Hanna, du spielst die Lola nicht."
Er besetzte sie mit Barbara Sukowa. Sie war großartig, aber mit der Schygulla hätte der Film die doppelten Besucherzahlen gehabt und wir, die Produzenten Horst Wendlandt und ich, hätten unsere Kosten gedeckt.

Nach der Premiere von "Lola" schenkte ich Fassbinder eine dicke Uhr.
Er ging gleich zum Juwelier und ließ sich bestätigen, sie sei aus Gold. Das war bezeichnend für unsere nahe und auch ferne Beziehung.

Ich suchte weitere Projekte für RWF.
Ich fand Orwells "1984" zu realisieren so, dass er im Titeljahr 1984 Premiere haben konnte.
Nach mehrtägiger Überzeugungsarbeit in Paris, Vorführung von Filmen von Fassbinder und Schlöndorff hatte ich die Witwe von Orwell so weit. Sie unterschrieb eine Option für mich auf die Rechte.
Ich bot Fassbinder den Stoff an. Er ließ mich seine Absage wissen mit der Begründung, die Liebe sei heute nicht mehr ein Element von Widerstand, sondern sie sei ein Mittel der Unterdrückung geworden. Insofern stimme die Geschichte von "1984" nicht mehr..." Volker Schlöndorff reagierte ähnlich.

Ein Jahr später ermöglichten Horst Wendlandt und ich Fassbinder die Produktion von "Veronika Voss", ich koproduzierte bei "Kamikaze" nach dem Roman von Peer Wahlöö, Wolf Gremm führte Regie, Fassbinder spielte selbst die Hauptrolle.

Mit Harry Baer hatte ich wieder Kontakt, als ich Fassbinders Fernsehfilm "Wildwechsel" in die Kinos bringen wollte und der Autor Kroetz ihn verklagte, er habe die Kroetz' Hauptcharaktere "vergröbert".
Ich ging auf Kroetz' Forderungen ein, "Wildwechsel" wurde mit Harry Baer und Eva Mattes in den Hauptrollen im Kino ein Riesenerfolg. Kroetz grollt noch heute und gibt den Film nicht für DVD frei !

Nach Fassbinders Tod trat seine Witwe Juliane Lorenz in die "Rechte - Arena", behauptete, "ihr" Rainer habe "Maria Braun" produziert, ihr gehöre der Film.
Aber der Bundesgerichtshof entschied anders....

Sie kannte viele von uns nicht mehr.
Aber - das ist nun eine andere Geschichte und sie wird ein andermal erzählt....
 
Berlin, im Juni 2007
 
Hanns Eckelkamp

 

 

printable PDF PDF
© copyright 2007 · Hanns Eckelkamp Filmproduktion / Andreas Liwa ND-3.COM · all rights reserved